Testbericht - Ferrino Backpack Dry-Hike 40+5

Pro

  • Widerstandsfähiges Material
  • Sehr flexibel einsetzbar
  • Abnehmbares Deckelfach
  • Gute Belüftung
  • Variables Volumen

Kontra

  • Keine Kompatibilität mit Trinkblasen
  • Riemenbefestigung nicht gut umgesetzt
  • Kein Helmnetz inkludiert

Die Firma Ferrino aus dem italienischen Turin war mir bis dato noch kein Begriff. Mit einer Firmengeschichte, welche bis 1870 zurückreicht, hat sich das Unternehmen schon lange einen Namen in der Szene gemacht. Nun sollte auch ich zum ersten Mal in den Genuss eines Produkts aus dem Hause Ferrino kommen. Um genau zu sein, handelt es sich um den Dry Hike Rucksack mit folgenden Spezifikationen:

Kapazität: 40 + 5 Liter

Gewicht: Min 940 g / Max 1.12 kg

Dimensionen: 60x24x28 cm

Material: 100 % recycelt 210D Polyester invisble Ripstop

Erster Eindruck

Beim Auspacken fällt mir bei diesem Rucksack aus dem Hause Ferrino sofort der große Reißverschluss auf, welcher einen bequemen Zugang zum Hauptfach ermöglicht. Grundsätzlich handelt es sich bei dem Dry Hike um einen TopLoader welcher ähnlich wie ein Seesack eingerollt und verschlossen wird. Man merkt sofort, dass sich die Hersteller etwas beim Design gedacht haben. Denn Toploader sind meistens sehr umständlich in der Handhabung. Man muss zuerst das Deckelfach entfernen, bevor man Zugriff auf das Hauptfach hat. Das ist auch beim Dry Hike nicht anders, aber der große rote Reißverschluss bietet eine schnellere und komfortablere Lösung.

Ansonsten findet man auf der Außenseite noch Riemen zur Befestigung von Eispickel, Schneeschuhen oder Wanderstöcken. Leider ist jedoch kein Heimnetz im Lieferumfang inkludiert. Dieses muss separat erworben werden. Das finde ich in so einer Preisklasse schade. Bei einem Rucksack für 270 € möchte ich nicht ein so simples Utensil wie ein Heimnetz als Zubehör kaufen müssen. Da darf der Hersteller auf jeden Fall nachbessern. 

An den Seiten sind noch zwei Fächer, in welchen man Trinkflaschen verstauen können soll. Meine 1-Liter-Flasche passt wirklich nur mit Mühe und Not in dieses Fach. Außerdem öffnet sich das Fach auch nicht nach Außen, sondern nach Innen. Was beim Einsatz noch zu Problemen führen sollte.

Oben am Rucksack findet man einen Recco-Reflektor. Dies ist bei vielen Rucksäcken im Outdoor Bereich schon zum Standard geworden, was mir sehr gut gefällt. Er bietet eine einfache Lösung, um eine Ortung im Notfall besser zu ermöglichen.
Sehr gut gefallen haben mir jedoch die großen Hüfttaschen. Diese sind auch für größere Smartphones geeignet und bieten ausreichend Stauraum für das notwendigste auf Tour. Auch sind die Taschen gut zugänglich und lassen sich auch einfach öffnen und schließen.

Am Brustgurt ist eine kleine Pfeife im Verschluss integriert. Diese ist wirklich nett durchdacht. Die Pfeife kann aus dem Verschluss ausgeklappt werden und ist wirklich laut, jedoch sehr hochfrequent und designbedingt etwas dünn im Sound. Was sich auch negativ auf die Reichweite auswirken wird. Aber ansonsten ist die Idee wirklich sehr gut. Der Brustgurt kann auch in mehreren Stufen in der Höhe verstellt werden. Leider funktioniert das nicht stufenlos.
Am Rücken findet sich das sogenannte Hollow Back System welches für eine sehr stabile Form und eine gute Belüftung sorgt. Insgesamt liegt der Rucksack sehr angenehm am Rücken an und die Träger sind auch angenehm gepolstert.
Oben am Rucksack finden wir noch das Deckelfach. Dieses kann auch mittels einem roten, wasserdichten Reißverschluss geöffnet werden und bietet ausreichend Platz für alle Kleinteile auf Tour, um somit mehr Ordnung zu schaffen. Das Deckelfach kann auch entfernt werden. Ich hätte mir noch gewünscht, dass dies mittels Clipverschluss möglich wäre. Das hätte mir noch besser gefallen, aber trotzdem ist diese Möglichkeit wirklich sehr praktisch. Je nachdem wie weit man den Toploader von oben zurollt kann man somit das Volumen des Rucksacks zwischen 40 und 45 Litern variieren. Das Deckelfach lässt sich dann in der jeweiligen Länge anpassen.


Generell macht der Dry Hike einen sehr guten ersten Eindruck. Das Material wirkt wirklich sehr hochwertig und widerstandsfähig. Kombiniert mit dem Versprechen von 100 % wasserdicht, war ich schon gespannt auf die erste Tour durch den Regen.
Im Inneren des Rucksacks fehlt mir jedoch schon im Vorhinein die Möglichkeit, für etwas Ordnung zu sorgen. Es gibt kein Netz, keine Fächer oder sonstiges um etwas System in den Stauraum zu bringen. Das finde ich etwas schade. Auch für eine Trinkblase ist kein Fach vorhanden, darauf möchte ich aber später noch einmal zurückkommen.

Im Einsatz

Also ging es los auf die ersten Touren mit dem Dry Hike aus dem Hause Ferrino. Dabei konnte ich ein gutes Gefühl für den Tragekomfort des Rucksacks entwickeln. Dieser stellte sich schnell als sehr hoch heraus. Das Hollow Back System sorgt auch bei warmen Bedingungen für eine gute Belüftung und es gibt auch keine Stellen, welche sich mit Schweiß ansaufen. Somit ist auch das Wiederanlegen des Rucksacks nach einer Pause keine Überwindung, sondern angenehm.


Bei Tagestouren habe ich jedoch oft das Thema, dass ich mit Kamera usw. mehr Kleinteile mithabe als große Gegenstände. Somit ist in diesem Fall das Deckelfach meist komplett gefüllt und das große Fach nur zur Hälfte. Dann lässt sich das Deckelfach nicht richtig fixieren. Weil dies den Tragekomfort sehr stark beeinträchtigt hat, habe ich die Gelegenheit genutzt und das Deckelfach entfernt. Dieses habe ich dann einfach ins Hauptfach eingepackt. Dies sorgt für Ordnung im Hauptfach und macht den ganzen Rucksack noch kompakter.


Von Anfang an ist mir jedoch ein Fach für die Trinkblase abgegangen. Diese liegt dann einfach lose im Hauptfach und fällt darin wild umher. Auch ist keine Durchführung für den Schlauch vorhanden. Dies gelingt nur provisorisch, schaut unschön aus und der Rucksack ist auch nicht mehr wasserdicht. Hier muss der Hersteller meiner Meinung nach noch nachbessern. Entweder mit einem eigenen Fitting für eine Trinkblase, um somit eine Durchführung im Hollow Back System zu ermöglichen oder irgendeinem anderen System. Aber keine Lösung ist halt wirklich einfach keine Lösung. Vor allem habe ich mir halt gedacht: "Kein Problem, dann verwende ich einfach zwei Trinkflaschen in den vorgesehenen Fächern anstatt einer Trinkblase." So habe ich es dann bei einer mehrtägigen Tour mit Zelt gemacht. Alles gepackt und los gehts. Beim ersten Durst muss man dennoch den Rucksack abnehmen, denn es gibt keine Chance das Fach mit angelegten Rucksack zu erreichen. Bei vollgepackten Rucksack muss man schon etwas werken, bis man die Flasche heraußen hat. Aber soweit kein Problem, dieses kommt erst, wenn man die Flasche wieder hineinpacken möchte. Denn den Stauraum, welche zuvor die Flasche eingenommen hat, wird nun von Gegenständen aus dem Hauptfach belegt. Das macht nicht wirklich Spaß und sorgt dafür, dass man es sich mehrmals überlegt, ob man jetzt wirklich was trinken soll oder nicht. Dies hat sofort zu einer viel niedrigeren Wasserzufuhr geführt, als ich es sonst gewohnt bin. Als Alternative habe bei der nächsten Tour auf meine kleinen 0,5 Liter Trinkbeutel gewechselt, welche sich auch bei vollgepackten Rucksack besser in den Seitenfächern verstauen lassen. Dennoch ist dies für mich das größte Manko am Rucksack.

 

Sehr gut hat mir der rote große Reißverschluss gefallen. Der schnelle Zugriff zum Hauptfach sowie die große Öffnung machen das Packen zu einem Genuss im Vergleich zu einem klassischen Top Loader. Ein Feature, welches ich nicht mehr missen möchte und die Handhabung nicht nur beim Zelten, sondern auch unterwegs auf Tour deutlich verbessert.


Nun das wichtigste Thema zum Dry Hike. Hier möchte ich kurz den Wortlaut des Herstellers wiedergeben:


Dry Hike 40+5 is the ideal backpack for trekking and hiking. 100% waterproof thanks to HDry®  technology (10,000 mm water column, even around the seams).

Ich habe den Rucksack auf einer mehrtägigen Tour mit dem Kajak dabei gehabt. Dafür hat er sich wirklich perfekt geeignet. Das Deckelfach konnte ich mir auch im Kajak so richten, dass ich Kleinteile schnell erreichen kann. Durch das kompakte Design des Rucksacks mit dennoch viel Volumen kann er auch einfach als Seesack verwendet werden. Ins Wasser habe ich ihn nicht geworfen, dennoch landete einiges an Spritzwasser auf ihm, ohne dass im Inneren irgendetwas feucht wurde.
Immer wieder kam es auch bei Tagestouren zu kurzen Regengüssen, welche dem Dry Hike von Ferrino nichts ausmachten. Bei anderen Rucksäcken hätte ich hier die Regenhülle verwenden müssen oder hätte einen nassen Inhalt gehabt. In diesen Situationen hat sich der Ferrino Rucksack sehr gut geschlagen. Dennoch habe ich mehrmals die Regenhülle vermisst. Immerhin ist diese nicht nur Regenschutz, sondern kann auch als Matschschutz beim Radfahren oder als Sitzunterlage bei nassem Untergrund verwendet werden. Auch beim Biwakieren ist so eine Regenhülle Goldwert. Zum Ausziehen der Schuhe, zum wasserdichten Abdecken der Schuhe usw.

Diese Regenhülle nun nicht mehr zu haben, bietet also nicht wirklich Vorteile.
Zu einem perfekten Testeinsatz kam es dann auf einer mehrtägigen Tour durch das heimische Gebirge. Am zweiten Tag regnete es den ganzen Tag durch und dies wirklich stark. Auf alten Jagdsteigen ging es im Starkregen durch enge Latschengassen. Insgesamt waren es 8 Stunden, welche ich so mit dem Dry Hike unterwegs war. Weder mein Regenponcho plus Regenjacke und Regenhose konnte diesem Wetter standhalten noch meine wasserdichten Schuhe mit wasserdichten Socken. Also war ich gespannt, wie es im Inneren des Dry Hikes aussieht. In einem kleinen Unterstand konnte ich dann pausieren und Bilanz ziehen. Leider konnte auch der Dry Hike von Ferrino dem Wetter nicht standhalten. Alle Gegenstände in allen Fächern waren nass. Angefangen vom Deckelfach über das Hauptfach bis hin zu den Hüfttaschen war alles durchnässt. In diesem Moment war ich sehr froh darüber, alles noch in wasserdichte Packsäcke gepackt zu haben. Der Daunenschlafsack wäre ansonsten komplett durchnässt gewesen. So hat es nur das Zelt und die Isomatte erwischt. Im Deckelfach wurden jedoch alle Elektronik-Produkte feucht, was mich weniger erfreut hat. Insgesamt war dieses Ergebnis dann doch etwas ernüchternd. Denn das Versprechen lautete ja 100% waterproof. Dasselbe Versprechen haben aber auch die wasserdichten Socken, sowie die Schuhe und der Poncho gegeben und dennoch wurde alles komplett nass. So viel zu diesen Versprechen.
Als letztes Detail möchte ich noch einmal auf die Riemen zur Befestigung von Ausrüstung zurückkommen. Diese kamen nämlich am Folgetag zum Einsatz. Nachdem es in der Nacht auch nicht aufhörte zu regnen, war auch das Zelt komplett durchnässt. Dieses wollte ich nicht mehr in den Rucksack packen und dachte mir, dass dies eine ideale Gelegenheit für die Riemen wäre. Die Montage war jedoch etwas frustrierend. Das nasse Zelt war so schwer, dass die kleinen Plastikspannschlösser das Zelt nicht halten konnten. Also musste ich das Zelt mit den Riemen und ein paar Spezialkonten befestigen. Das hätte aber auch mit einer Reepschnur an jedem anderen Rucksack geklappt. Eigentlich finde ich so etwas sehr praktisch, aber hier ist die Verwendung etwas frustrierend. Es gibt auch kein Fach zum Verstauen der Riemen. Diese fliegen dann einfach lose im Rucksack herum und sorgen für ein absolutes Chaos. Also habe ich mir selbst eine kleine Tasche für die Riemen gerichtet und diese auf Clipverschlüsse umgebaut. Somit wird das Ganze praktikabler.

 

Fazit

Der Ferrino Dry Hike Rucksack ist wirklich einzigartig. Mir gefällt die hochwertige Verarbeitung sowie der hohe Tragekomfort. Insgesamt wäre dies ein Rucksack mit sehr viel Potenzial. Man merkt auch, dass man sich bei Ferrino viele Gedanken gemacht hat, dennoch fehlt mir hier etwas die Liebe zum Detail. Dies lenkt leider etwas von den Dingen ab, die der Dry Hike wirklich sehr gut macht. Dabei möchte ich auch auf die Verwendung von 100 % recyceltem Material hinweisen sowie das sehr bequeme und stabile Hollow Back System. Dennoch befinden wir uns in einer gehobenen Preisklasse für einen 40 + 5 Liter Rucksack und das muss man auf jeden Fall berücksichtigen. Das Helmnetz, welches separat erworben werden muss sowie die billige und nicht durchdachte Riemenbefestigung und schlussendlich das Fehlen einer vernünftigen Flüssigkeitsversorgung beim Wandern sind für mich drei Punkte, welche nicht in diese Preiskategorie passen. Wenn Ferrino diese drei Punkte noch angeht und dennoch ein Mud-Cover (nennen wir es so, denn ein wasserdichter Rucksack braucht ja kein Rain-Cover ;) ) in einem Fach unten am Boden dazupackt, würden wir einem perfekten Rucksack schon sehr nah kommen. Aber auch mit diesen Mankos bleibt der Dry Hike ein wirklich solider Rucksack für Tages- und Mehrtagestouren, mit einem ansprechendem Design und schnellem Zugriff zum Hauptfach.

Vielen Dank an das Team von Outsidestories für die Zurverfügungstellung des Rucksacks.

 

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